Liste der gefährdeten, schutzbedürftigen oder geschützten Farn– und Blütenpflanzen Niederbayerns ("Rote Liste")

(Stand 17.02.2005)

Erläuterungen

Die unten wiedergegebene Rote Liste liegt in ausführlicherer Form gedruckt vor: Band 62 der Zeitschrift Hoppea, Denkschriften der Regensburgischen Botanischen Gesellschaft, S. 5-347 (siehe Literatur). Sie enthält zusätzlich die Bewertung arealgeografisch bemerkenswerter Vorkommen, Fußnoten, statistische Auswertungen und einen umfangreichen einführenden Teil.

Außerdem hat die Regierung von Niederbayern eine Kurzfassung der Roten Liste als 68-seitige Broschüre mit Stand Oktober 2002 gedruckt. Sie kann angefordert werden beim Servicebüro der Abteilung 8 der Regierung.

Bewertet werden ausschließlich die 1741 Sippen (Taxa)von denen angenommen wird, dass sie in Niederbayern (= "Gebiet, Bezugsraum") irgendwo alteinheimisch oder eingebürgert sind oder nach 1800 waren und hier zugleich eine ausreichende Tradition haben. Was dafür erforderlich ist, legen spezielle Kriterien fest. So werden als tradiert alle Sippen betrachtet, die seit mindestens 50 Jahren in Niederbayern eingebürgert sind. In der Artenliste (korrekt Sippenliste), die die Grundlage für die Rote Liste bildet, sind die Tradierten fett gedruckt.

In der Roten Liste Niederbayern sind die eingeführten Gefährdungsgrade zweigeteilt (z. B. 2* = sehr stark gefährdet, 2* = stark gefährdet). Fast man die Gefährdungsstufen zu den üblichen Kategorien zusammen (s. u.), so ergibt sich folgendes Bild: 6,7 % sind ausgestorben oder verschollenr (Gefährdungsgrad 0), 5,6 % vom Aussterben bedroht (Gef.Gr. 1), 12,5 % stark gefährdet (Gef.Gr. 2) und 16,2 % gefährdet (Gef.Gr. 3). Im klassischen Sinne gefährdet sind damit 41,0 % der niederbayerischen Gefäßpflanzen-Flora. Weitere 12,9 % sind örtlich oder schwach gefährdet ("Vorwarnstufe V") und 6,2 % potentiell gefährdet (Gef.
Gr. R bzw. älter P).

Neben den in Niederbayern zumindest potentiell (Gefährdungsstufen R, R*) oder örtlich gefährdeten Arten enthält die folgende Liste auch all jene, die im aktuellen Entwurf der neuen Roten Liste Bayern mindestens gefährdet sind (Gefährdungsstufen 3, 2, ...) – auch dann, wenn sie nach meiner Einschätzung in Niederbayern keinen Gefährdungsgrad rechtfertigen. Aufgeführt sind auch ungefährdete, aber besonders schutzbedürftige Sippen und Populationen sowie die naturschutzrechtlich geschützten Sippen - insgesamt über 1070.

Die Gefährdung ist allerdings nur einer von mehreren Aspekten, die die Schutzbedürftigkeit einer Sippe bestimmen. Sie wird besonders auch von den Arealverhältnissen, den Einbürgerungsstatus (die Dauer der Tradition) und der Manipulierbarkeit der Pflanzenbestände geprägt. Der Schutzerfordernisgrad, der neben der Gefährdung diese anderen Aspekte bewertet ist daher die eigentliche Größe, mit der im Naturschutz gearbeitet werden sollte. Er vermag die Prioritäten und Gewichte im Artenschutz viel besser auszudrücken. Die Rote Liste gibt daher auch die Schutzerfordernisgrade an.Dazu kommt je eine Spalte über den Gefährdungsfall, die zur Transparenz der Zuordnung Sippe - Gefährdungsgrad beitragen soll, und eine mit Wertzahlen einer gefährdungsunabhängigen Schutzwürdigkeiten.

Erläuterungen zur Liste

Spalte Taxon: Wissenschaftliche Sippenbezeichnung (Normalfall: Art; ssp. = Unterart, var. = Varietät); Nomenklatur in der Regel gemäß Wisskirchen & Haeupler 1998 (Standardliste für die Bundesrepublik Deutschland).

Da die Rote Liste anwenderfreundlich sein soll und mit ihr auch viele Personen arbeiten sollen, die keine versierten Floristen sind, halte ich mich streng an die alphabetische Reihenfolge und verzichte damit auf die Zusammenfassung kritischer Sippen zu Aggregaten. Unterarten oder Varietäten führe ich nur auf, wenn es davon innerhalb einer Art mindestens zwei gibt.

Wo Sippen in der Praxis oft nicht unterschieden werden, gebe ich zusätzlich einen Gefährdungsgrad für die komplexe Sippe an. Er entspricht stets dem am schwächsten gefährdeten Subtaxon und erscheint in der Roten Liste ohne Fallbezeichnung.

°Sippenbezeichnung= in der Übersicht niederbayerischen Farn– und Blütenpflanzen Teil eines Aggregats (und damit dort oft in abweichender Reihenfolge)

(Sippenbezeichnung) = Fortbestand der Art als solcher ungefährdet, jedoch Verdrängung der alteinheimischen Population durch vom Menschen ausgebrachte Herkünfte und Sorten (z. B. Futtergräser). – Nur ansatzweise berücksichtigt.

Statusangaben (wichtig für die Beurteilung der Schutzwürdigkeit: Sie wächst mit der Zeitdauer, über den hinweg die Art in Niederbayern etabliert war oder ist):

Sippenbezeichnung ** = jungneochor (angenommene Einbürgerungszeit nach 1800); bei Hieracium: Niederbayer. Population Spontanhybriden betreffend

Sippenbezeichnung = frühneochor (angenommene Einbürgerung zwischen 1500 und 1800)

Sippenbezeichnung* = Einbürgerungszeitraum Römerzeit bis Ende Mittelalter (mesochor)

Sippenbezeichnung^ = Relikt prähistorischer Floren (z. B. Eiszeitrelikt; einst vermutlich weit verbreitet, heute jedoch auch ohne menschliches Zutun sehr selten)

Eingerückt und in Kleindruck erscheinen in der Spalte Taxon bei den einzelnen Sippen – eingeleitet mit "im" oder "in" – die zu isolierten Arealteilen gehörenden Populationen. Angegeben sind die jeweiligen Verbreitungsgebiete in Niederbayern. Die isolierten Populationen werden wie eigene Sippen behandelt und deshalb mit eigenen Gefährdungsgraden versehen, soweit sie von den Angaben in der vorhergehenden Zeile abweichen.

Schließlich tauchen in der Spalte Taxon eigene Zeilen für "Vorposten" "Streu-" und "Schlussvorkommen" auf. Für die Rote Liste sind sie irrelevant, jedoch von Bedeutung für die Schutzwürdigkeit. Der Gefährdungsgrad entspricht daher bei den Vorposten der Gefährdung in Niederbayern, bei den Schlussvorkommen dieser oder – soweit zutreffend – der des maßgeblichen Arealteils. Weiße Balken bedeuten, dass innerhalb des Taxons enger gefasste Sippen bewertet werden. Nur diese zählen für die Statistik.

Spalte Gefährdungsgrad: Gefährdungsgrad in Niederbayern. Die sonst üblichen Gefährdungsgrade decken eine sehr große – für die konkrete Anwendung oft zu große – Spanne ab. Sie werden daher für den regionalen Gebrauch unterteilt. Sippen die in der Gesamtartenliste den Status "j<<" haben (Jungneophyten, die auch aktuell verwildern oder eingeschleppt werden), bleiben unberücksichtigt!

Wo mit früheren Zuständen verglichen wird ("Ausgangsareal") ist die Zeit der maximalen Entfaltung seit ca. 1800 gemeint.

Als "autochthon" werden nur Vorkommen bezeichnet, die sich von Wildvorkommen aus dem Stammareal in Niederbayern oder aus deren unmittelbarer Nachbarschaft herleiten. Sie müssen in die zur Beständigkeit führende Generationsfolge eingebunden sein ("autochthone Linien").

Folgende Gefährdungsgrade (Gef.Gr.) werden unterschieden:

Gefährdungsgrade

Gef.Gr.

verbal

Gef.Gr.

verbal

0

ausgestorben

2

stark gefährdet

(0)

nur Altvorkommen erloschen

3*

besonders gefährdet (noch nicht stark gefährdet)

0?

verschollen

3

gefährdet

(0?)

nur Altvorkommen verschollen

V*

schwach gefährdet

>=?

wieder ausgebracht

V

örtlich gefährdet

1*

akut vom Aussterben bedroht

(V)

Gefährdung (der autochthonen Population) durch kreuzungsfähige Kulturpflanzen

1

vom Aussterben bedroht

R*

potentiell sehr gefährdet

2*

sehr stark gefährdet

R

potentiell gefährdet
  Im Einzelnen werden die Gefährdungsgrade in der Einführung zur Roten Liste (Abschnitte 3.1.1.10 ff.) definiert.

Die Gefährdungsgrade der Niederbayern-Liste entsprechen wie folgt denen der Deutschland- und der Bayern-Liste: 0, 0?, >0?, (0) = 0; 1*, 1 = 1; 2*, 2 = 2; 3*, 3 = 3; R*,R = P bzw. R. Der "Vorwarnstufe" V in der 2. Arbeitsfassung der neuen Roten Liste Bayern entsprechen in Niederbayern V*, V und (in der Deutschlandliste unberücksichtigt, d. h. danach ungefährdet). Bei (V) gibt es keine Entsprechung.

Spalte Gefährd.Fall: "Fallbezeichnung" gemäß der folgenden tabellarischen Hilfe für die Zuordnung der Gefährdungsgrade auf der folgenden Seite.

Zusätzliche Symbole: ?! = Die althergebrachten Vorkommen werden nicht durch die üblichen Gefährdungsursachen, sondern durch bereits seit längerem ausgebrachte Kulturpflanzen bzw. –sorten derselben Art verdrängt. Da die autochthonen Populationen nicht einfach zu erkennen sind, ist eine nachvollziehbare Einschätzung der Gefährdung schwierig, trotzdem müssen die betroffenen Sippen in der Roten Liste erscheinen und bewertet werden. Ich behandle sie rechnerisch als Sippen der Vorwarnstufe, setze das Symbol dafür aber in Klammern: (V).  

Arealsituation
Häufigkeit

verwaister

Arealanteil

versehrte oder gefährdete Anteile d. aktuellen Areals

äußerst sel-

ten (ss)

sehr

selten (SS)

selten (s)

ziemlich selten

– häufig (zs – h)

0

0

R*(F)

R (N)

-

-

0

< 0,1 "deutlich"

3* (E)

V* (M)

V (S)

-

< 0,1

"gering"

0,1 – 0,25 "erheblich"

 

 

 

2 (D)

2* (C)

3 (L)

V* (R)

V (Y)

0,25 – 0,5 "groß"

 

3 (Q)

V* (X)

> 0,5 "überwiegend"

3* (K)

3 (W)

0,1 – 0,25

"mäßig"

< 0,25 "höchstens mäßig"

3 (J)

V* (V)

0,25 – 0,5 "groß"

3* (I)

 

3 (U)

> 0,5 "überwiegend"

 

2 (H)

2* (G)

3* (P)

0,25 – 0,5

"groß"

< 0,5 "nicht überwiegend"

> 0,5 "überwiegend"

2 (O)

3* (T)

> 0,5 "überwiegd."

<1 "beliebig"

<1 "beliebig"

1 "vollständig"

1* (A), 1 (B)

Spalte Schutzwürd.Stufe: Summarischer Ausdruck für die gefährdungsunabhängige Schutzwürdigkeit. Sie ergibt sich ohne Berücksichtigung der Gefährdung – allein aufgrund der Einbettung ins überregionale Areal, einer besonderen Struktur des niederbayerischen Areals, einer besonderen Lage im regionalen Areal, aufgrund des (Etablierungs-)Status und der Manipulierbarkeit der Bestände:  

Schutzwürdigkeit

Zahl

verbal

Zahl

verbal

1

extrem hohe Schutzwürdigkeit

5

mäßige Schutzwürdigkeit

2

stark erhöhte Schutzwürdigkeit

6

ziemlich geringe Schutzwürdigkeit

3

erhöhte Schutzwürdigkeit

7

= geringe Schutzwürdigkeit

4

mittlere Schutzwürdigkeit

 

 

Spalte Schutzerford.Grad: Das Schutzerfordernis (die Schutzbedürftigkeit) berücksichtigt neben der Gefährdung in Niederbayern auch die in den Nachbarregionen und die Aspekte gefährdungsunabhängiger Schutzwürdigkeit. Sie wird in folgenden Schutzerfordernisgraden ausgedrück, wobei bei den nicht gefährdeten Sippen einschließlich der potentiell gefährdeten der Schutzerfordernisgrad kursiv geschrieben wird.

Schutzerfordernis

Zahl

verbal

Zahl

verbal

<I

absolutes Schutzerforderis

III

schutzbedürftig

I*

äußerst schutzbedürftig eins Stern

IV*

erhöht schutzbedürftig

I

äußerst schutzbedürftig

IV

örtlich schutzbedürftig

II*

sehr schutzbedürftig zwei Stern

X

Altvorkommen schutzbedürftig

II

sehr schutzbedürftig

nicht besonders schutzbedürftig

III*

erhöht schutzbedürftig

 

 

 

Spalte Pflanzenname: Deutsche Pflanzenbezeichnungen. Ihre Schwäche ist, dass es keine verbindlichen Festlegungen gibt und somit der persönliche Geschmack bestimmt, was aus der Vielfalt an irgendwo eingeführten Bezeichnungen herausgegriffen wird. Vorteilhaft ist die Unabhängigkeit von den wissenschaftlichen Nomenklatur-Regeln und die Möglichkeit, an eingeführten Bezeichnungen unabhängig vom Schicksal der lateinischen Pflanzennamen festzuhalten.

Die hier verwendeten Bezeichnungen orientieren sich primär an Wisskirchen & Haeupler 1998. Im Unterschied zu dort wird hier das Artepitheton "Gewöhnliche" nur im Sinne des früher üblichen Ausdrucks "Gemeine" benutzt und bei der engeren Fassung einer Sippe ("s. str.") der Ausdruck "Echte". Bei den (alten) Heilpflanzen bevorzuge ich die Bezeichnung "Gebräuchlich" anstelle von "Echte". Teilweise sind neben dem von mir favorisierten Pflanzennamen im Normaldruck weitere eingeführte angegeben.

Spalte Schutz: Naturschutzrechtlicher Status gemäß Bundesnaturschutzgesetz (Liste besonders geschützter und streng geschützter Pflanzenarten in Bundesminist. d. Justiz 2001, Anlage 3) und Naturschutzergänzungsgesetz:

§ = besonders geschützt: § 20f Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG (Bundesnaturschutzgesetz) verbietet "wildlebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Teile oder Entwicklungsformen abzuschneiden, abzupflücken, aus– oder abzureißen, auszugraben, zu beschädigen oder zu vernichten".

§§ = streng geschützt: § 20f Abs. 1 Nr. 4 (BNatSchG) verbietet zusätzlich "Standorte wildlebender Pflanzen der streng geschützten Arten durch Aufsuchen, Fotografieren oder Filmen der Pflanzen oder ähnliche Handlungen zu beeinträchtigen oder zu zerstören".

§ = "vollkommen geschützt" nach Art. 5 Abs. 2 Naturschutzergänzungsgesetz (NatEG), einem bayerischen Landesgesetz aus dem Jahr 1962, das nur noch rudimentär gültig ist und demnächst durch eine Landesverordnung abgelöst werden soll.

(§) = "teilweise geschützt" nach Art. 6 NatEG

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